Update: DAX

TA professional, Mo, 20.08.2001,
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Weitere Artikel zum DAX in Ausgabe Nr.23, Ausgabe Nr.22, Ausgabe Nr.21, Ausgabe Nr.20, Ausgabe Nr.19, Ausgabe Nr.18, Ausgabe Nr.15, Ausgabe Nr.8

Eine "Sommerrally" wurde noch vor Monaten in den Medien angesagt. Was für ein Unfug - abgesehen davon, daß Rallys in der warmen und umsatzlosen Urlaubszeit des Jahres höchst selten sind, gab es überhaupt keinen Grund für die Märkte, nach oben zu drehen. Die Zinssenkungs-Orgie von Alan Greenspan ist eben kein Allheilmittel. Da steigende Märkte Reichtum für den Investor versprechen, privat wie auch institutionell, wird selbstverständlich jeder Strohhalm gegriffen. Es darf einfach nicht nach unten gehen, wunschgemäß sollen Aktien möglichst permanent steigen. Dabei wird vom einzelnen Anleger weitestgehend verdrängt, daß steigende Kurse mehrheitlich Käufer vorraussetzen. Und sind z.B. Sie, verehrter Leser, etwa in Kauflaune?

Das Gegenteil ist offensichtlich noch der Fall. Jede noch so schwache Erholung wird für Not-Verkäufe genutzt, selbst "bombensicher" wirkende Chart-Strukturen verhungern am Ende (zuletzt beispielsweise bei DaimlerChrysler), da sich zur Zeit so gut wie jeder Involvierte irgendwo in einer Schieflage befindet und lieber vorzeitig kleine Gewinne mitnimmt. Alle bluten irgendwo, eine Vielzahl neuer Anleger ist längst schmerzhaft bishin zu existenzbedrohender Verschuldung auf den Boden der Realität geprallt.

Bislang war die Baisse größtenteils nur auf die "neuen" Märkte beschränkt. Im spekulativen High-Tech-Sektor ereignet sich seit Monaten ein Gemetzel ohne Gleichen. Alles wird "platt gemacht", fast ohne Ausnahme und gnadenlos. Es rettet sich, wer (noch) kann. Auch wer gar nicht mehr hinsieht, wird ausgehöhlt. Kostolany hatte schon ganz recht.
Macht man sich die Mühe, beispielsweise die Aktien des Neuen Markts komplett einmal durchzuschauen, so fällt mit ermüdender Regelmäßigkeit bei nahezu jeder der scharfe Trend von oben links nach unten rechts auf. Ausverkauf, nur die mittlerweile sehr konzentrierte erste Wahl hält sich mit Mühe in knapp neutralen Seitwärtstrends.

Diese Einleitung trieft von Pessimismus, das stimmt. Man könnte problemlos noch seitenlang über die schlechte Lage lamentieren. Und genau das sollte uns zu denken geben. Wenn Sie schon länger Leser von TA professional sind, dann wissen Sie, daß nach dieser exorbitanten Übertreibung genau diese psychologische Ausgangslage entstehen muß, bevor der Markt drehen kann. Über den Märkten hängt eine dunkle Wolke der Depression und alle müssen von ihr gefangen werden. Das ist das wirklich schwierige an der Börse. Unter Umständen muß es nämlich selbst das eigene Bauchgefühl erwischen.

Okay, soviel zum Sentiment - schauen wir uns die Charttechnik des Deutschen Aktien Index an :

Chart: DAX-Index - WKN 846900  langfristig  (Klick zentriert)
Seit mehr als einem Jahr wandert der DAX nun abwärts und zwar in einem sehr gut ausgeprägten Trendkanal. Kurz vor Veröffentlichung der April-Ausgabe Nr.23 verschlechterte sich die ohnehin schon negative technische Situation, als der Index unter die 6200er Unterstützung ausgehend vom Top Juli 1998 fiel. Dabei breakte er auch die längerfristige Aufwärtstrendlinie, die am Tiefpunkt März 1995 startet.

Nach einem kurzen Test der massiven Unterstützung bei 5400 kehrt der DAX für Wochen in den Trendkanal zurück. Von Mitte Mai bis Juni scheitert jeder Versuch, die nun als Widerstand fungierende 6200er Zone zu durchbrechen. Danach setzt der DAX den Abwärtstrend beschleunigend fort. In der letzten Woche wird die charttechnisch begründete Hoffnung auf eine Bremsung bei 5400 Punkten enttäuscht. Sowohl die dort verlaufende waagerechte Unterstützung, die in der sichtbaren Historie als die kräftigste anzusehen ist, als auch die untere Trendkanalbegrenzung wird somit nachhaltig verletzt.

Verantwortlich für die Beschleunigung des Trends sind unter anderem die Einbrüche bei Bayer und besonders der Deutschen Telekom, die ein enomes Gewicht in unserem Leitindex inne hat. Auf die Situation der T-Aktie wird ausführlich in der neuesten TA professional PREMIUM-Analyse eingegangen (mehr Infos).

Charttechnisch wurde sowohl die Aufwärtstrendlinie ab Oktober 1998 als auch die ab März 1995 nachhaltig nach unten verlassen. Höchste Zeit, zu prüfen, ob der DAX-Trend auch im extrem langfristigen Bereich gefährdet ist. Richten wir den Blick auf einen Candle-Stick-Chart auf Monatsbasis, der etwas mehr als die letzten 10 Jahre umfasst :

Chart: DAX-Index - WKN 846900  langfristig  (Klick zentriert)
Die eingezeichneten Trendlinien haben ihren Ursprung 1982, als diese Aktien-Hausse nach einer Jahre währenden Seitwärtsbewegung begann. Der DAX-Stand damals : 500 Punkte.

Es ist zu sehen, daß der DAX im Jahr 1998 und Anfang 2000 deutlich übertrieben hat. Insofern ist eine schwere und auch lang anhaltende Korrektur zunächst einmal begrüßenswert. Je später eine Korrektur kommt, desto ungesünder ist das für einen Markt.
Mit einem Stand von aktuell ca. 5200 Punkten ist der DAX wieder weit in den extrem langfristigen Kanal eingetaucht. Die schwer überkaufte Situation ist abgebaut. Und es gibt auch noch keinen Grund zur Sorge. Momentan wird zwar eine innere Trendlinie gebreakt, Kurse bis auf 4600 und im Extremfall etwa 4400 lägen m.E. noch im Rahmen des ultra-langfristigen Trends.

Zieht man die enorme Übertreibung in Betracht, die der DAX im Frühjahr 2000 erreichte, wirkt auch der Charakter der seitdem herrschenden Korrektur eher beruhigend. Im historischen Vergleich wandern die Kurse ganz unüblich stetig nach unten (vergleichen Sie z.B. 1998, 1990 oder 1987). Der Abwärtstrendkanal seit März 2000 wirkt wie ein geordneter Rückzug - erst in den letzten Wochen wurde der Trend nervöser und verlor mit den Trendverletzungen an Prognosegüte.

Den Langfrist-Trend vor Augen haben wir m.E. keine ernsthaften Probleme bis zu einem Stand von 4600. Erst darunter wird die Lage kritisch. Der DAX ist gerade ab 5400 bis 5000 in eine bedeutende Unterstützungszone geraten. Es wäre ungewöhnlich, wenn es in diesem Bereich keinen längeren Aufenthalt gäbe. Charttechnisch ist hier zumindest eine Konsolidierung ausgesprochen wahrscheinlich.
Wenn wir Glück haben, tobt sich der DAX bis Oktober im Band 5400 bis 5000 aus. Gerade dieses Jahr könnte wieder so eine richtige Panikmache vor dem Crash-Monat Oktober aufkommen. Noch 10 Tage, dann sind wir im September und es wird nicht mehr lange dauern, bis die Finanz-Medien das leidige Oktober-Crash-Thema in ihre Berichterstattung aufnehmen werden. Ich glaube momentan keinesfalls, daß sich die Lage vorher bessert. Interessant könnte dagegen der Ausklang dieses Jahres werden!


Gruß und Erfolg, Lutz Düvel
[ TA professional Herausgeber ]
20.08.2001

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TA professional PREMIUM: Analyse der T-Aktie - August 2001



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