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Deutsche Bibliothek - ISSN 1616-1831
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06.09.2002

Lutz Düvel beantwortet Leserbriefe

In dieser Ausgabe gibt es Antworten zu den Aktien von

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Wed, 19 Jun 2002 13:46:06 +0200 (CEST), von Michael Adams :
"Sehr geehrter Herr Düvel,
können Sie mir ein Update zu Johnson & Johnson geben ?
Vielen Dank im Voraus
Michael Adams"

Lutz Düvel, www.taprofessional.de, 06.09.2002 : Johnson & Johnson produziert Drogerie- und Gesundheitsprodukte, die Aktie des amerikanischen Healthcare-Großkonzerns mit über 100.000 Mitarbeitern wurde letztmals vor gut einem Jahr in den Leserbriefen Ausgabe Nr.44 vom 26.07.2001 behandelt. Dieser Zeitpunkt ist im folgenden Chart mit einem (braunen) Pfeil markiert.

Das damals ausgestellte positive Rating bestätigte sich in den folgenden Monaten - selbst nach der Terrorattacke im September hält sich dieser Wert verdammt gut. Während weltweit die Kurse in die Knie gehen, verliert JNJ minimal an Wert, nach einigen Wochen Konsolidierung unter 60 Euro klettert sie weiter im Aufwärtstrendkanal - zumindest bis März diesen Jahres.

Chart: Johnson & Johnson - JNJ - 853260
Selbst die stabilsten Trends sind in der schwierigen Börsenphase, in der wir uns seit längerer Zeit befinden, nicht mehr sicher. Im Juni fällt Johnson & Johnson unter 65 Euro und liefert damit ein markantes Verkaufsignal - die unterste Aufwärtstrendlinie des Kanals und die langfristige 200 Tage Durchschnittslinie werden signifikant verletzt (gelb markiert).

Auch die waagerechte Unterstützung bei 60 Euro kann den Sell-Out nicht aufhalten. Es werden massive Probleme mit dem Hauptumsatzbringer "Procrit" bzw. "Eprex" bekannt. Dabei handelt es sich um ein Medikament gegen Blutarmut, mit dem das Unternehmen bislang über eine Milliarde Dollar jährlich umsetzte!
JNJ fällt auf ein 16 Monatstief, als die Gesundheitsbehörde FDA im Juli eine Untersuchung einleitet. Laut Aussage eines früheren Mitarbeiters seien im Zusammenhang mit "Procrit" Unterlagen gefälscht worden.

Der Sell-Out wird erst im Bereich der massiven Unterstützungszone knapp über 40 Euro gestoppt. Schnäppchenjäger treiben den Kurs in den Folgewochen kräftig nach oben, seit dem Tief im Juli legt JNJ etwa 35% zu und testet nun von unten die Chartlinie 60 Euro, die nun als Widerstand gilt.

Johnson & Johnson wird nach dem Einbruch von diversen Analysten als "Strong Buy" eingeschätzt. Ich teile diese Auffassung nicht mehr. Seitens der Technischen Analyse hat die Aktie im Juni ein schweres Verkaufsignal geliefert, das nicht zu übersehen ist. Der langfristige Aufwärtstrend wurde erstmals seit Jahren signifikant verletzt (siehe oben links eingeblendeten Langfrist-Chart).

Das Unternehmen ist durchaus sehr gut aufgestellt, dennoch ist die Aktie mit einem aktuellen KGV von gut 27 (Quelle: Yahoo Finance) nicht gerade günstig. Es ist richtig, auch in den Vorjahren hat man JNJ eigentlich nie günstiger bekommen, nur vermute ich, daß diese Zeiten auch an der amerikanischen Börse vorbei sind. Hätte ich die Aktie noch, würde ich nun versuchen, die Position in der Erholung im Bereich von 60 bis max. 65 Euro verspätet abzugeben.


Mon, 28 Jan 2002 13:32:45 +0100, von D.Grotjahn :
"Hi Lutz, was hältst Du von Degussa ?"

Lutz Düvel, www.taprofessional.de, 06.09.2002 : Das letzte bedeutende Kaufsignal lieferte Degussa Ende 1996 mit dem Break des massiven Widerstands bei 29 Euro. Diese Chartlinie hatte die Aktie zuvor viele Jahre nach oben "gedeckelt". Die Aktie befand sich schon seit 1992 im Uptrend, der sich nach dem Break deutlich beschleunigte. Bis zum Top im Sommer 1998 verdoppelt sich der Preis.

In den vergangenen 4 Jahren enttäuschte Degussa jedoch, insbesondere im Jahr 1999 zeigt sie Underperformance im Vergleich zum haussierenden Gesamtmarkttrend. Ein Ausbruchsversuch im 1.Quartal 2001 versagt knapp über der (roten) Abwärtstrendlinie. Im Verlauf des letzten Jahres driftet Degussa immer weiter abwärts und stürzt nach dem Terroranschlag in New York auch weit unter die massive Unterstützung bei 29 Euro.

Chart: Degussa - 542190
Der Sell-Out endet im September auf der nächsttieferen Unterstützung im Bereich von 22 Euro. Vor 1996 hat Degussa über Jahre hinweg bedeutende waagerechte Widerstände und Unterstützungen ausgebildet und war dadurch charttechnisch relativ gut einschätzbar. So z.B. auch bei 14 und 18,50 Euro.

Der Vorstoss über 30 Euro im 1.Halbjahr wurde durch das öffentliche Übernahmeangebot der Ruhrgas AG (RAG) unterstützt. Die RAG Projektgesellschaft mbH, eine 100%ige, mittelbare Tochtergesellschaft der RAG, entschied am 20.Mai den Aktionären der Degussa 38 Euro je Aktie zu bieten. Degussa soll danach weiter börsennotiert bleiben. Ca. 80% des Freefloats wurden angedient, sodaß der Streubesitz nun nur noch ca. 7% beträgt.
Die Übernahme ist jedoch noch nicht in trockenen Tüchern. Entscheidend ist, ob die Übernahme von RAG durch E.ON genehmigt wird. Nach der Ablehnung des Oberlandesgerichts in Düsseldorf im August wird sich der Deal zumindest bis in das nächste Jahr verzögern.

Charttechnisch ist Degussa eine neutrale Position, fundamental hat das Unternehmen im 2.Quartal die Erwartungen zwar leicht übertroffen, überzeugte jedoch nicht bei den Aussichten. Für das 2.Halbjahr rechnet der Vorstand nicht mit einer nachhaltigen Verbesserung. Diese Konstellation verspricht im aktuellen Börsenumfeld kaum steigende Kurse. Degussa ist nur eine Halteposition, bei der unbedingt darauf geachtet werden sollte, daß die wichtige Unterstützung bei 29 Euro nicht noch einmal verletzt wird.


Wed, 22 May 2002 14:07:14 +0200, von Klaus Steinberg :
"Sehr geehrter Herr Düvel,
wie schätzen Sie die kurz- und mittelfristige Entwicklung des Euro im Verhältnis zum Dollar ein? Welche OS empfehlen Sie? Auch der Goldpreis hat stark angezogen. Wann kommt der Rückschlag, wann sollte man einsteigen?"

Lutz Düvel, www.taprofessional.de, 06.09.2002 : Der Dollar wird höchstwahrscheinlich demnächst im regulären TA professional Angebot genauer unter die Lupe genommen. Für die Rubrik der Leserbriefe wäre eine Analyse zu umfangreich.
Bezüglich des Gold-Preises empfehle ich Ihnen, die hochaktuelle Gold-Analyse vom 11.08.2002 zu lesen. Die Abwärtskorrektur der Unze könnte schon beendet sein, die Minen ziehen seit letzter Woche deutlich an, am Freitag dieser Woche notierte die Unze intraday über 320$! Unsere Goldminen-Empfehlungen aus dem PREMIUM-Angebot entwickeln sich derweil ganz hervorragend (Abruf siehe
TA professional Startseite).


Sun, 3 Mar 2002 16:35:14 +0100, von Markus Kammerer :
"Wie sehen Sie den weiteren Verlauf der Aktie Antisoma? Sollte man eine kleine Position auf diesem Nivue aufbauen?
Das deutsche Börsenmagazin "Der Aktionär" empfahl im Sommer 2001 die Aktie unbedingt zum Kauf, mit einem Kursziel von 20Euro. Nun frage ich mich, wo diese Herrn "Amateure" bei der Empfehlung dieser Aktie hingeschaut haben. Was halten Sie von diesem Börsenmagazin das in Vergangenheit Aktien zum Kauf empfahl welche mittlerweile Pleite sind?
Vielen Dank im Voraus"

Lutz Düvel, www.taprofessional.de, 06.09.2002 : Zum "Aktionär" kann ich Ihnen nichts sagen, da ich dieses Magazin nicht lese. Sie haben Ihre Frage gewissermassen auch schon selbst beantwortet. Börsenanalysten und Geldmanager müssen nach ihrer Performance bewertet werden. Es ist keine herausragende Leistung in einer extremen Hausse wie z.B. in den Jahren 1998-2000 Gewinne zu machen, wenn man danach nicht den Absprung schafft. Das habe ich bei ganz vielen bekannten Namen vermisst. Es wurde einfach auf der alten Schiene weiter gemacht - Internet, Biotech, HighTech - teilweise bis zum heutigen Tag! Aber dieser Zug ist längst abgefahren, schon über 2 Jahre, die Blase ist geplatzt.

Um langfristig erfolgreich zu sein - und nur das zählt - muß man flexibel reagieren und von Zeit zu Zeit die Strategie ändern. Es kommt mir überhaupt nicht darauf an, mit welchen Methoden jemand Research betreibt oder wie diese präsentiert werden, wenn es denn tendenziell überwiegend erfolgreiche Anlageideen sind. Ansonsten ist es doch Geld- und Zeitverschwendung, solche Meinungen zu lesen. Die Bekanntheit von Börsen-Analysten oder -Journalisten wird m.E. grundsätzlich überbewertet.

Wie auch immer - richten wir den Blick auf Antisoma :

Chart: Antisoma PLC - 917990
Antisoma wurde erstmals in den Leserbriefen Ausgabe Nr.34 vom 07.05.2001 analysiert. Damals notierte die Aktie noch bei 2,4 Euro. Doch nach dem erfolgreichen Abschluss einer Doppel-Top-Umkehrformation lief bereits der Abwärtstrend. Erwartungsgemäß scheiterte Antisoma zur Mitte 2001 am Widerstand bei 3 Euro und stürzte danach weiter ab (siehe auch in den Leserbriefen Ausgabe Nr.43 vom 20.07.2001).

Ein Jahr später hat Antisoma 20 erreicht - Euro-Cents wohlgemerkt. Sie sehen im Chart, daß die breite (rote) Abwärtstrendlinie über Monate nicht einmal getestet wurde. Auch den letzten Vorstoss im August würde ich nicht überbewerten. Wenn Aktien im Penny-Stock-Bereich notieren, wird die Technische Analyse unsicher. Dazu kommt, daß Biotech-Werte grundsätzlich besonders schwierig einzuschätzen sind. Sie können abrupt die Richtung wechseln, sobald ein Mittel der Produkt-Pipeline zugelassen oder eben in der Entwicklungsphase scheitert.

Bei Antisoma hofft man z.B. auf das Krebsmittel "Thioplatin", das sich jedoch noch in einer sehr frühen Phase befinden soll. Vor 2005 gehen Analysten bei Antisoma nicht von schwarzen Zahlen aus. Und das ist der Knackpunkt - denn in der Zwischenzeit kann dem Unternehmen das Geld ausgehen. Wirtschaftsflaute und Börsenkrise machen nicht nur den privaten Aktienanlegern zu schaffen. Da die meisten Biotech-Firmen weit davon entfernt sind, durch den Verkauf von Produkten Einnahmen zu erzielen, hängen sie am Tropf von Venture-Capital-Gebern. Und auch die darben in der Krise. Wer investiert, will irgendwann Gewinne sehen. Frisches Geld wird also nur noch unter erschwerten Bedingungen vergeben. Für einige Biotechs wird es in den nächsten Monaten eng.

Ein Engagement in Antisoma ist m.E. nicht empfehlenswert. Es käme einer Wette gleich. Nur wenn ich diese Aktie viel höher gekauft und es bislang versäumt hätte, sie zu verkaufen, würde ich sie als "Überraschungsei" im Depot behalten - und mental abschreiben. Ein Totalverlust ist nicht auszuschliessen.


Wenn auch Sie eine Frage zu einer bestimmten Aktie haben, schicken Sie mir einfach eine eMail mit Ihrem Anliegen.
Bitte beschränken Sie sich auf einen, maximal zwei Werte Ihrer Wahl.
Die Adresse für die Leserbriefe zur Technischen Analyse lautet : leserbriefe@taprofessional.de.
Ich finde es eine nette und gute Angewohnheit, wenn die Leserbriefe mit dem Realnamen unterzeichnet werden. Danke!


Gruß und Erfolg, Lutz Düvel
08.09.2002
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