Gannett - Versuch einer Annäherung

TA professional, Di, 13.02.2001,
wm.
Bezugnehmende Artikel in Ausgabe Nr.22, Ausgabe Nr.17

Bereits im Wetterbericht vom Jahresanfang wurde Gannett (US-Kürzel GCI, deutsche WKN 854136) vorgestellt. GCI ist ein breit diversifizierter Medienkonzern, besitzt allein in den USA 74 Tageszeitungen, darunter mit der auch hier bekannten USA TODAY auch die auflagenstärkste Publikation. Allein USA TODAY hat eine Auflage von über 2,3 Millionen. Diese Zahl entstammt dem Jahresbericht vom Geschäftsjahr 1999. Daneben betreibt GCI 21 TV-Stationen und besitzt auch in England mit Newsquest einen der größten regionalen Zeitschriftenverlage.

Was an Gannett fasziniert, ist die Konstanz der Erträge, bzw. der Ertragssteigerungen. Einige Zahlen hierzu:

Im einzelnen stiegen der Umsatz um 66% im Betrachtungszeitraum, das Ergebnis um 149% und das Ergebnis/Aktie um 186%. Ein deutlicher Beweis für gestiegene Rentabilität und Produktivitätszuwachs. Der Gewinn pro Aktie stieg mit einer Jahresrate von etwas über 12%. Die Eigenkapitalrendite liegt recht konstant um die 20% - und das schon seit vielen Jahren.

Eine Gesellschaft, die hochrentabel ist und ein so erfreuliches Ergebniswachstum über einen langen Zeitraum aufweist, ist zweifellos eine nähere Betrachtung wert. Es soll hier der Versuch unternommen werden, mit einer marktanalytischen Methode herauszufinden, ob GCI heute (am 13. Februar 2001) teuer, fair bewertet oder gar billig ist.

Da die Gesellschaft in der letzten Dekade den Gewinn in einer äußerst konstanten Rate gesteigert hat, darf man davon ausgehen, dass auch für die nächsten Jahre ein Ergebniswachstum von 12% realistisch ist, bekanntlich sind Tageszeitungen nicht irgendwelchen Modeströmungen unterworfen.

Gewinn 1999: 3.15$ +12% ergibt Gewinn 2000e: 3.53$; erneuter 12%iger Zuwachs lässt 3.95$ im Jahre 2001 erwarten, für 2002 wären es dann 4.42$ !
Die 10-jährigen US-Staatsanleihen rentieren aktuell mit etwas über 5%; um 3.95$ an Zins zu erzielen, müsste man bei diesem Zinssatz 79$ investieren - zum Vergleich: die Gannett-Aktie steht heute bei 66.00$. Sie rentiert sich mit 5.98%.
Was ist besser? Eine 10-jährige US-Staatsanleihe mit einem gleichbleibendem Kupon von 5% oder eine Gannett mit einem Ertrag von fast 6% und der Aussicht auf weiter steigende Erträge in den Folgejahren? Wohl keine Frage!

Die Division Ertrag x 100 geteilt durch den Kurs ergibt die Rendite; die Division Kurs geteilt durch den Ertrag das KGV. Dies wollen wir uns nun näher anschauen:
Im Betrachtungszeitraum von 1995 bis 2000 wies GCI bei ihren Jahreshochs ein durchschnittliches KGV von 24 auf, im Extremfall (1998) erreichte es etwas über 27. Bezogen auf die Jahrestiefstände kann man leicht ein durchschnittliches Jahrestief-KGV von 17 errechnen, im Einzelfall aber auch 14, das war in 2000.

Der Markt bewertete also GCI im Extremfall mit dem 14-fachen und dem 27-fachen der Gewinne, die Durchschnittsspanne betrug 17 bis 24, der Mittelwert 20.5!

Bei einem angenommenen Gewinn von 2001e von 3.95$ (2002e: 4.42$) und einem aktuellen Börsenwert von 66.00$ resultiert ein KGV von 16.7 auf diesjähriger Basis und 14.9 auf Basis der geschätzten Gewinne des nächsten Jahres. Damit notiert GCI sogar noch leicht unter dem durchschnittlichen KGV-Tiefstand der letzten 6 Jahre.

Wir wissen, dass die Börse schon immer zu Untertreibungen und zu Übertreibungen neigte, und immer wieder neigen wird. Die oben herausgestellte Unterbewertung durch den Markt wird wohl kaum ewig Bestand haben. Es ist durchaus realistisch anzunehmen, dass das KGV durch einen höheren Börsenkurs zumindest wieder einmal den historischen Mittelwert von 17 und 24 erreicht. Das wäre dann 20.5 und würde bei einem 2001e-Gewinn eine Notierung von 81$ bedeuten. Kommen Medienaktien wieder stärker in Fahrt - und Branchenrotationen sind etwas durchaus Gängiges - so kann man auch ein noch höheres KGV in die Rechnung miteinbeziehen: In den Jahren 1997, 1998 und 1999 lagen die höchsten KGVs für Gannett zwischen 25 und 27! Gehen wir nur von dem oben erwähnten durchschnittlichen KGV-Hoch der letzten Jahre aus, von 24 - dann sind auf der 2001er Basis Kurse von 95$ keine Utopie!

Berechnet man nun die ganze Chose mit dem erwarteten Gewinn für 2002, dann sieht die ganze Sache noch viel besser aus. Bei einem Nettoergebnis 2002e von 4.42$ errechnet sich bei KGV 20.5 eine Notierung von 90.60$ und bei einem KGV von 24 ein Aktienkurs von 106$.

Es ergeben sich folgende Prozentzahlen für einen realistischen Kursgewinn:

Szenario 1:

Szenario 2: Es gibt nicht viele Branchen, die eine solche Rechnung erlauben, aber die Presseaktien gehören dazu. Das Risiko erscheint bei der gegenwärtigen Notierung kalkulierbar gering. Im Gegenteil: Wird ein analytisch billiger Qualitätstitel noch preiswerter, so ist das für die einen ein Grund in höchster Nervosität das Handtuch zu werfen, zu verkaufen und bei wieder gestiegenen Kursen neu einzusteigen - und die anderen - diese kaufen dann erst recht!
Chart: Gannett Co. Inc., WKN 854136  (Klick zentriert)
Ich darf in diesem Zusammenhang noch auf meine Tommy Hilfiger-Empfehlung im Wetterbericht vom 05.04.2000 verweisen. Auch da war in der Zeit der größten Unterbewertung das Nervenflattern bei manchem Leser am größten. Wer sich von der damaligen TOM-Panik nicht hat anstecken lassen, sollte mittlerweile auf ansehnlichen Kursgewinnen sitzen.

Ein Warnhinweis: Das Investieren in Aktien kann Ihre finanzielle Gesundheit beeinträchtigen oder gar ruinieren. Eigene Recherche ist nötig und eigenständige Urteilsfindung ebenso. Dieser Artikel stellt keine Aufforderung dar, in GCI zu investieren! Der Autor hält seit Oktober 2000 Gannett-Aktien in seinem Bestand!
Kommentare und Hinweise auf falsche Denke, fehlerhafte Schlussfolgerungen und dergleichen sind ausdrücklich erwünscht!

Beste Grüße an alle Interessierten,


Walter Madeker
13.02.2001
madeker@taprofessional.de

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