Sonderbericht: DAX

TA professional, Fr, 11.01.2002,
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Weitere Artikel zum DAX in Sonderbericht vom 26.09.2001, Sonderbericht vom 20.08.2001, Ausgabe Nr.23, [ ... FINDEX: DAX ]

Nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York beschleunigte unser Leitindex DAX den schon seit einiger Zeit abwärts gerichteten Trend enorm und fiel wie ein Stein bis unter 4000 Punkte. Am 21.September wurde der schwere Einbruch bei 3787,23 Punkten gestoppt. Da der DAX während der Verlustserie in eine extrem überverkaufte Lage geriet, wurde im letzten Sonderbericht vom 26.09.2001 nicht mit einer weiteren Unterschreitung der Unterstützung bei 3800 gerechnet.

Wie stark überverkauft der DAX im historischen Vergleich war, zeigt nur ein Chart, in dem auch der 1987er Crash dargestellt wird. Dem folgenden Balken-Chart auf Monatsbasis ab 1986 ist ein langfristig eingestellter Trend-Bestätigungs-Indikator (TBI) unterlegt. Die Extrempunkte des Indikators wurden jeweils im oberen Chart-Fenster (rot und blau) markiert :

Chart: DAX Index - langfristig mit TBI Indikator
Es ist zu erkennen, daß bis zur Mitte der 90er Jahre ein positives Extrem des TBI von ca. 15+% recht gut auf Übertreibungen im Index hinwies. Als die Hausse zum Ende des Jahrzehnts in die "heiße" Phase übergeht, erreicht die Indikatorkurve auch weitaus höhere Wert. Ein Extremwert wie Anfang 2000 wurde in den zurückliegenden 20 Jahren nur einmal 1985 erzielt. Eine entsprechend stark ausgeprägte Abwärtskorrektur ist insofern nicht ungewöhnlich.

Im überverkauften Bereich hielt sich der DAX in den zurückliegenden zwei Dekaden seltener auf : nach 1987, nach der Kuwait-Krise 1990, nur schwach Ende 1992, während der Rußland/Asienkrise 1998 und jetzt. Im September diesen Jahres wird im TBI ein Extremwert erreicht, der dem von 1987 in nichts nachsteht.

Im sichtbaren Zeitraum folgten nach allen negativen Extremwerten starke Aufwärtsbewegungen von mindestens einem Jahr Dauer. Also könnte man davon auch jetzt ausgehen? Normalerweise ja, aber so leicht ist es dieses mal nicht. Das heißt, nur wenn der übergeordnete (primäre) Aufwärtstrend weiterhin Bestand hätte. Dies war in den 90ern permanent der Fall, wie der folgende ultra-langfristige Chart zeigt :

Chart: DAX Index - ultra langfristig
Der Candle-Stick-Chart auf Quartalsbasis umfasst eine Historie von über 20 Jahren mit Start 1980. Schon in der letzten Analyse wurde darauf hingewiesen, daß nach dem Sturz unter 4000 Punkte ein langfristiger Trendbruch nicht auszuschließen ist. Denn niemals zuvor ist der DAX dermaßen weit unter den Aufwärtstrend gefallen.

Trotz der enormen Rally, die der DAX in den letzten Wochen vorgelegt hat, müssen wir die Möglichkeit eines primären Trendbruchs noch immer in Betracht ziehen. Im besten Fall stellt sich die Verletzung des Aufwärtstrends in den nächsten Wochen nur als Sondersituation im Zuge der WTC-Attacke heraus. Der DAX müsste sich dafür in Kürze über die langfristige Aufwärtstrendlinie retten oder zumindest parallel dazu weiter aufwärts tendieren, so wie es 1993 und 1995 der Fall war.

Das wird schwer werden, denn im kurz- bis mittelfristigen Bereich trifft unser Leitindex jetzt auf eine massive Widerstandszone :

Chart: DAX mittel- bis langfristig
Seit dem Top im März 2000 hatte der DAX einen sehr exakten Abwärtstrendkanal ausgebildet. Schon vor den Anschlägen in New York verschlechterte sich das charttechnische Rating, als die Index-Kurve mit einem Thrust aus dem Kanal und unter die Unterstützung knapp über 5200 fällt (gelb markiert).

Wie im September 1998 wurde die eigentlich recht starke Unterstützung bei ca. 4400 einfach "zerschossen". Erst auf dem Niveau des 1998er Oktobertiefs stoppt und dreht der DAX schlagartig nach oben. Seitdem haben wir eine fast 40prozentige Rally gesehen, die seit Dezember bei 5200 an Momentum verliert.

Wie gesagt, wäre es in Hinblick auf den langfristigen Trend sehr positiv, wenn sich die Erholung des DAX weiter fortsetzt. Momentan halte ich dies jedoch für unwahrscheinlich. Nach nahezu 40 Prozent Plus in nur drei Monaten ist der DAX nicht nur kurzfristig überkauft, er steht auch geradezu vor einer "Wand" : im Bereich von 5200 bis 5400 liegt ein sehr starker Cross-Resistance (Kreuz-Widerstand). Die Abwärtstrendlinien des ehemaligen Kanals, der waagerechte Widerstand bei 5200 und die langfristige 200-Tage Durchschnittslinie kreuzen sich jetzt genau in dieser Zone.

Da der DAX gerade mal in den Abwärtstrendkanal zurückgekehrt ist, könnte es sich bei der Rally von 3800 auf 5200 um eine reine Pull-Back-Situation handeln. Das (gelb markierte) Verkaufsignal wird insofern bestätigt, wenn der DAX nun bei 5200 abprallt. Dieses negative Szenario sehe ich aktuell als wahrscheinlicher an als den Break des Widerstands.


Fazit: Es gibt noch keine Entwarnung. Der DAX hat eine vorwiegend von übermäßiger Liquidität getriebene Rally vorgelegt, die sich jedoch nur unter dem übergeordneten Abwärtstrend abspielte. Spannend wird es erst jetzt. Wenn der DAX an der Widerstandszone 5200 bis 5400 abprallt, ist es mit der Hausselaune vorbei. Mindestens 5500 Punkte müssen wir sehen, bevor das weiterhin negative charttechnische Rating revidiert werden könnte.

Unter Hinzuziehung der konjunkturellen Entwicklung Deutschlands, ist es meiner Einschätzung viel zu früh, um grünes Licht zu geben. Nicht mal die Frühindikatoren zeigen einen klar positiven Trend.


Gruß und Erfolg, Lutz Düvel
[ TA professional Herausgeber ]
11.01.2002

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